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Ein Haus aus Stroh, Holz, Schilf und Kalk überzeugt nicht nur durch seine Nachhaltigkeit, sondern auch durch die geringen Unterhaltskosten und das aussergewöhnliche Wohnklima. Und das alles ohne grossen Mehrpreis. Die A. Gantenbein Holzbau AG hat im Jahr 2022 ein Strohhaus in Grabs fertig gestellt, das allen Ansprüchen von modernem Wohnen entspricht und gleichzeitig die Umwelt kaum belastet.

Der Blick aus dem Wohnzimmer führt auf die umliegenden Felder. Die Halme sind noch jung und werden bis zur Ernte noch um das doppelte Wachsen. Die Weizenkörner werden als Nahrungsmittel weiterverarbeitet während die Stängel als Nebenprodukt zu Strohballen gepresst werden. Stroh, kennen wir als Einstreu für die Tierhaltung. Was viele nicht wissen, es ist auch ein ideales Dämmmaterial mit äusserst wertvollen Eigenschaften. 

Das Stroh stammt vom Feld gleich neben der Hausparzelle (orange markiert). Hier wird das Stroh gedroschen, das später als Dämmung genutzt wird.

Ein bewährter Dämmstoff sorgt für neue Geborgenheit

Das Bauen mit Stroh ist nicht neu. Das älteste Haus aus Stroh steht in den USA und ist über 100 Jahre alt. Die alte Bauweise hat durch den bewussteren Umgang mit Ressourcen wieder Einzug bei uns gefunden. Sie wird von uns mit modernen Baumethoden kombiniert und neu interpretiert. Nachdem die A. Gantenbein Holzbau AG bereits den Kindergarten «Storchennest» in einer naturnahen Bauweise umsetzen durfte, folgt nun ein Einfamilienhaus in Grabs.

Die vorfabrizierte Bauweise spart Zeit

72 Holzelemente für die Konstruktion wurden in der Zimmerei vorgefertigt und auf der Baustelle innerhalb von drei Tagen aufgerichtet. Die Holzständer waren bereits soweit vorbereitet, dass sie direkt mit Stroh befüllt werden konnten. Auch die Fenster wurden in den Holzständern ausgelassen und konnten so einfach und schnell integriert werden.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Bauweisen, mit ca. 8-9 Schichten an unterschiedlichen Materialien, bestehen die Wände aus nur wenigen möglichst naturnahen Lagen: Holz, Stroh, Schilf und Kalk. Dies bedeutet nicht nur weniger Zeitaufwand und geringere Kosten, sondern auch keine Abhängigkeiten von komplizierten (internationalen) Lieferketten. So stammt das gesamte Holz (Fassadenschalung, Lattung, Nut- und Kamm-Schalung sowie Brettschichtholz) aus dem regionalen Wald. Auch Schilf und Kalk sind bei uns natürlich vorkommende Rohstoffe. Der lokale Bezug der Materialien schont auch Ressourcen – bei der Herstellung, beim Transport und irgendwann auch bei der Entsorgung.

Dämmen mit Stroh – Die häufigsten Fragen und Vorurteile

Was sind die Vorteile?
Der Werkstoff Stroh ist diffusionsoffen, zeigt gute Schallschutzleistungen und ist umweltfreundlich. Die Strohdämmung sorgt dafür, dass das Haus im Sommer nicht aufheizt und die Kälte im Winter nicht durchdringt. Die Dämmung ist ausserdem feuchtigkeitsdurchlässig, was für ein komfortables Raumklima sorgt. Wichtig dabei ist aber, dass der gesamte Wandaufbau richtig geplant wird. 

Wie gut dämmt Stroh im Vergleich zu anderen Materialien?
Stroh als Dämmstoff gilt als ökologische Alternative zu den aktuell meist verwendeten Materialien. Im direkten Vergleich mit einer Steinwolledämmung sieht das so aus: Um denselben Dämmwert wie 36 cm Stroh zu erreichen, benötigt es eine 24 cm dicke Steinwolledämmung (Flumroc Typ 1) mit 0.035 W/mK Lambdawert.

Wieso ist Stroh nachhaltig?
Stroh entsteht als Nebenprodukt bei der Ernte von Roggen, Weizen, Hafer oder Gerste. Die energieschonende Herstellung und der Umstand, dass es in der Schweiz regional verfügbar ist, machen diese Art von Dämmung extrem nachhaltig. Da der Stroh als Dämmmaterial keine Zusätze benötigt, gibt es auch bei der Entsorgung keine Bedenken.

Schimmelt Stroh in den Wänden?
Die Strohballen werden für den Gebrauch als Dämmmaterial getrocknet und dicht gepresst. Die Feuchtigkeit beträgt gerade mal 15%. Bei richtiger Bauweise kommt keine Feuchtigkeit an den Stroh und er schimmelt nicht.

Können sich unbeliebte Hausbewohner einnisten?
Auch Ungeziefer hat keine Chance, da der Stroh für die Isolation keine Körner mehr beinhaltet und so keine Nahrungsquelle bietet. Ausserdem ist der Stroh so stark gepresst, dass sich Tiere darin nicht wohl fühlen. Die Bauweise sorgt zudem dafür, dass der Stroh eingebettet ist zwischen Holz und Kalk und Tiere so gar nicht bis zum Stroh vordringen können.

Ist eine Strohdämmung teurer als eine herkömmliche Dämmung?
Im Vergleich zu den aktuell häufig verwendeten Dämmungen ist Stroh nicht teurer. Da es lokal gewonnen wird, ist es ausserdem kaum Preisschwankungen ausgesetzt. 

Ist eine Strohwand leicht entflammbar?
Da der Stroh eingepackt ist, ist er nicht leicht entflammbar. In den Innenräumen wurden bei diesem Haus auf der Strohdämmung mehrere Schichten Kalkputz aufgetragen. Seine natürlichen Bestandteile sind mineralisch und nicht brennbar. 

Ein einfacher und naturnaher Wandaufbau 

Einfachheit und Altbewährtes sollten in die Konstruktion des Einfamilienhauses und die Wahl der Materialien einfliessen. Hinter der hinterlüfteten Holzfassade versteckt sich ein aufeinander abgestimmter Wandaufbau. Als erstes folgt eine Folie für die Winddichtigkeit. Darunter ersetzt eine diffusionsoffene Diagonalschalung aus Holz herkömmliche verleimte Industrieplatten zur Aussteifung. Der darauf anschliessende mit Stroh ausgefachte Holzständer wird mit mehreren Schichten Kalkputz abgeschlossen.

Anstelle von Stroh enthalten die Holzständer der Innenwände eine Trockenlehmschüttung. Diese wird von einer diagonalen Holzschalung abgeschlossen und mit einer Schilfrohrmatte verkleidet. Die Schilfrohrmatte wird benötigt, da der abschliessende Kalkputz auf der glatten Holzschalung nicht haften würde.

Die Wände (von Verputz bis Fassade) sind somit nur ca. 2-5 cm dicker als bei der herkömmlichen Holzbauweise mit beispielsweise einer Dämmung aus Steinwolle. Hingegen ist der durchdachte Wandaufbau wasserdampfdurchlässig und feuchtigkeitsregulierend und sorgt für ein angenehmes und gesundes Klima im Inneren des Hauses.

«Als wir die Gipser-Arbeiten am Haus durchführten, waren wir ziemlich erstaunt, als wir am Morgen nach dem Auftragen des Kalkputzes auf die Baustelle kamen. Nachdem wir am Vortag 21 grosse Kübel Wasser für den Putz hineingetragen und verarbeitet haben, war am nächsten Morgen kein einziges Fenster angelaufen. Dies war aussergewöhnlich und zeigt wie gut dieses Haus atmet.»

Lukas Beck, Gebrüder Beck AG

Das Ergebnis ist ein gesundes Innenraumklima

Ein gesundes Innenraumklima bedingt nach ecobau mehrere Faktoren. Neben Tageslicht spielen auch Lärm oder biologische bzw. chemische Faktoren eine Rolle. Das Strohhaus in Grabs kann bei vielen dieser Bedingungen punkten. Daneben sind auch Einflüsse dabei, wie beispielsweise die Nutzung des Tageslichts, die weniger von den Baumaterialien, sondern von der Architektur beeinflusst werden. 

Faktoren für ein gesundes Innenraumklima nach ecobau.
  • Biologische Faktoren
    Hier spielt als Schlüsselgrösse für das Wachstum von Milben oder Schimmelpilze die Feuchtigkeit eine wichtige Rolle. Aufgrund der diffusionsoffenen Wände des Strohbaus wird das Innenraumklima natürlich reguliert. Ausserdem wirkt der Kalkputz an den Wänden, aufgrund seines alkalischen PH-Wertes, schimmel­hemmend.
  • Chemische Faktoren
    Formaldehyd oder andere flüchtige organische Verbindungen (VOC) stammen beispielsweise von Leim, Schaum oder Styropor, die beim Bau verwendet wurden. Die Schadstoffe kommen nach Bauende je nach verwendeter Materialien in unterschiedlich hoher Konzentration in der Luft vor und nehmen allmählich ab. Sie können gesundheitsschädigende Auswirkungen auf Augen, Nase oder Atemwege bewirken. Unser Strohhaus enthält im gesamten Wandaufbau nur Schrauben und natürliche Materialien wie Holz, Stroh und Schilf. Beim Bau wurden weder Styropor noch Leim oder Schaum eingesetzt.
  • Klimatische Faktoren
    Statt einer Lüftungsanlage, wie bei Minergie-Häusern üblich, sorgt die diffusionsoffene Wand für ein gesundes Innenraumklima. Trotzdem sind die Wände luftdicht und die Innenräume sollten ab und zu gelüftet werden, um für Sauerstoffzufuhr zu sorgen. Die Strohdämmung sorgt dafür, dass sich die Räume im Sommer nicht erhitzen und im Winter kaum Energie benötigt wird, um das Haus zu heizen. 

Die einfache Bewirtschaftung zahlt sich aus

Die Bewirtschaftung des Hauses ist kaum anders als bei herkömmlichen Liegenschaften. Da keine kontrollierte Lüftung eingebaut wurde und auf eine natürliche Feuchtigkeitsregulierung gesetzt wird, gibt es bei dieser Bauweise ein wartungsintensives System weniger. Im Sinne von Low-Tech wird der Einsatz von Technik aber auch durch den geringen Energiebedarf aufgrund der Strohdämmung reduziert. 

Nichtsdestotrotz ist es für die Bewohner ein besonderes Gefühl, wenn der Blick aus dem Wohnzimmer auf die Weizenhalme im Feld fällt, die das eigene Haus im Sommer kühl und im Winter warm halten – im Kreislauf der Natur und ohne Sondermüll zu verursachen.

Über dieses Projekt wurde auch im Branchenmagazin Wir Holzbauer geschrieben. Den lesenswerten Artikel möchten wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten.

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